Angeregt durch eine Dichterlesung, will Klaus-Dieter Müller-Franzke nun auch Dichter werden. Nach einem Kuss der zuständigen Muse nennt er sich poetisch: Balduin Goldmund. Und dichtet spontan zwei Gedichte, woher kommen die ihm? Nach einer großen Enttäuschung beschließt er, die Dichtkunst in Seminaren und Schreibwerkstätten zu lernen: Angebote von der VHS und von privatwirtschaftlichen Instituten und Akademien gibt es ja genug. Und so besucht er — nach einem kurzen Gastspiel in der Produktwerbung — dann ‚Deutsche Literatur: Lyrik‘, eine ‚Limerick-Werkstatt‘, ‚Grimms Märchen umerzählen‘, danach ‚Biographisches Schreiben‘, ‚Kinderliteratur‘, er nimmt an einem ‚Poetry Slam‘ teil und gewinnt, widmet sich intensiv der ‚Konkreten/visuellen Poesie‘, worauf ‚Reiseliteratur‘ und ‚Liebesgedichte‘ folgen, ‚Trivial- und Massenliteratur‘, und jedes Mal lernt er derart dazu, dass er im VHS-Kurs ‚Dichter kopieren‘ wagen kann, Heinrich Heine und Erich Kästner ’nachzudichten‘. Dann reizt es ihn, bei einem Satire-Wettbewerb ‚Klarschreiber im Klärwerk‘ zu werden und wird es auch, und er schreibt schließlich erfolgreich Texte zum Thema ‚Italien‘. Nun ist er tatsächlich bekannt und sein Aufstieg innerhalb der professionellen Dichterei und des literarischen Marktes nicht mehr aufzuhalten: er ist der Dichter Balduin Goldmund geworden.
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