Das kommt nicht alle Tage vor: Eine Frau wird Neunzig ? und veröffentlicht ihr erstes Buch. Fasziniert von ihrer Art, Erlebtes in Worte zu fassen, überzeugen schriftstellerisch ambitionierte Freunde Lisa Helms, ihre Geschichten, Gedichte und Haiku zu veröffentlichen und helfen bei der Auswahl. Lisa Helms? Antwort dazu in ihren ?Traumbildern?: ?Das Alter hat mich schon längst eingeholt und ich laufe mir noch nach.? Der Kommentar offenbart das Besondere an dem hübsch gestalteten Buch. Sie steht nicht auf der Seite der Vielen, die sich an den Schein halten, sondern schaut ins Innere und spürt den Regungen nach, die Erlebtes in ihr auslösen und bewirken. ?Erwachsener wurde ich?, bekennt sie, ?als ich zurückließ, was mir am Herzen lag.? Oder: ?Versäumtes kann ich nicht nachholen ? im Glücksfall hab ich was gelernt.? Lisa Helms, als Siebenjährige nach Bremen gekommen, ist längst zu einer überzeugten Hanseatin geworden. Die Vorstadt Walle nennt sie liebevoll ?mein Dorf?, hier ist sie 56 Jahre lang Zuhause. In der Schule lernt sie die Schönheit der Sprache und Musik kennen. Gedichte und Lieder, immer wieder gern gelesen bzw. gesungen, werden ihr Lebenshilfe in Kriegs- und Nachkriegszeiten. Literatur ist für sie eine zweite Heimat. Nach dem Tod ihres Mannes (1983) entstehen die ersten Gedichte, und sie findet Gefallen an der Kurzlyrik aus Japan, dem dreizeiligen Haiku. In ihren ?Geschichten? schildert sie Alltagsbegegnungen, so . B. ihre Erfahrungen in einem ?Hochleistungskrankenhaus?: Alles ist optimal, sie wird umsorgt, verliert das Zeitgefühl. Irgend etwas stimmt nicht, obwohl sie freiwillig gekommen ist und alle freundlich zu ihr sind. Wie sollen sie auch wissen können, heißt es am Schluss, ?was ich wirklich brauche: den Geruch der Erde und einen Fliederzweig aus meinem Garten.? Lisa Helms beherrscht die Kunst, mit wenigen Worten viel und es auf gelassenheitere Weise zu sagen. Und es gelingt ihr, den Leser in ihre Gedichte und Haiku mit hineinzunehmen. Der Spiegel, den sie sich ? und jetzt auch uns ? vorhält, lädt ein, Fragen zu stellen, die Hoffnung auf eine Antwort nicht zu verlieren und sich eines Tages doch ?mit den Steinen im Weg? zu vertragen.
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