Unser Verhältnis zum Tod, sagt Freud, sei nie ein aufrichtiges gewesen: wir wissen, dass wir sterben werden, sind aber insgeheim von unserer Unsterblichkeit überzeugt – wie schon der Urmensch, der angesichts des Todes naher Verwandter ‚die Seele‘ erfand, die den Tod angeblich überleben soll. In diesem Buch wird erörtert, wie Freuds – gerade 100 Jahre alte – in ‚Totem und Tabu‘ entwickelte Spekulation über die Entstehung des Jenseitsglaubens entsprechend dem aktuellen paläoanthropologischen Wissensstand fortgeschrieben werden kann, was von den späteren elaborierteren Jenseitsvorstellungen der Hochreligionen heute noch übrig ist, wie der moderne säkulare Mensch mit einer rein rationalen Einstellung zum Tod ohne Jenseitsglauben zurecht kommt. In einem zentralen Punkt wird Freud widersprochen: er verkennt den Wunsch, ewig zu leben, als überwindungsbedürftige narzisstische Illusion: Viel eher scheint dieser Wunsch (nach Metzinger) einem biologischen Imperativ geschuldet zu sein, der ‚im Verlauf von Jahrtausenden in unsere Gehirne eingebrannt‘ worden ist. Insofern ist Freuds Rat: ‚Wenn du das Leben aushalten willst, richte dich auf den Tod ein‘ kaum zu befolgen: er ist wider die menschliche Natur.
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.